Let´s talk with Jennifer Krawehl
Eine Hochzeit soll gefeiert werden, juhu! Und nun macht ihr euch Gedanken, wie die Zeremonie ablaufen soll.
Ein wichtiger Punkt! Denn vielleicht durftet ihr schon feststellen, dass eine standesamtliche Trauung zwar maßgeblich wichtig ist, damit eure Ehe rechtskräftig wird, jedoch oft nur ein bürokratischer Akt ist, ohne viel Schnickschnack und sich allen anderen Eheschließungen gleicht. Wo bleibt das Besondere, das Persönliche? Wie wäre es denn zusätzlich mit einer freien Trauung?
Jennifer (Goldkehle) erzählt euch mehr davon!
Hey Jennifer! Stell dich unseren Lesern doch gern mal vor!
Ich heiße Jennifer Krawehl und bin freie Traurednerin und Sängerin. Und das am liebsten gleichzeitig!
Sängerin und Rednerin! Wie lange machst du das schon?
Da muss ich ein wenig weiter ausholen. Alles begann mit einem klassischen Mädchentraum wie man ihn jedes Wochenende bei DSDS hört:
„Ich wollte immer nur Sängerin werden.“
So war es tatsächlich! Meine Mutter musste mich morgens um halb 5 wecken, damit ich den Klassikradio-Sender anhören konnte. Aber ich habe – „Kind, lern was Vernünftiges“ – diesen Traum nicht beruflich verfolgt, sondern eine Ausbildung zur Werbekauffrau und später ein Studium für Marketing und BWL absolviert. Und ich muss sagen, das hilft mir heute tatsächlich sehr – von daher lieben Dank an meine Eltern.
Aber dennoch war der Traum immer da, und seit ich 2004 bei einer Musical Produktion mitgespielt hatte, war ich auch musikalisch aktiv. Ich spielte in einer Jazzband und eine Gala-Band. Und insgeheim träumte ich immer davon, auf Hochzeiten zu singen. Es war schon damals eine unendlich schöne Vorstellung, Paare an ihrem wichtigsten Moment zu begleiten und auch ein Stück zu diesem Tag und zu ihrer Erinnerung beitragen zu können. Doch ich arbeitete damals in Vollzeit plus, und somit war der Traum nie wirklich realistisch.
„Wenn ich mal mehr Zeit habe …“
war mein Vorsatz. Als ich dann Mutter wurde, verstand ich, dass ich nie wieder mehr Zeit haben werde! Also hieß es, entweder den Traum zu begraben oder ihn jetzt umzusetzen. Und so habe ich mich kurzerhand zur ersten Hochzeitsmesse angemeldet und in Windeseile meinen gesamten Werbeauftritt aufgestellt. Mein Mann hat mich tatkräftig unterstützt. Ich wollte es wissen! Ist der Traum realistisch? Wird es angenommen? Bin ich gut genug? Und ich kriegte tatsächlich auf der Messe gleich mehrere feste Buchungen, was mich völlig geflasht und auch sehr bestätigt hat. Das war 2012. Seitdem war ich als Hochzeitssängerin in der Branche tätig und konnte meinen großen Traum leben. Wirklich wunderschön! Das ganze nahm sehr schnell Dimensionen an, die ich mir zwar erträumt, aber nicht zu hoffen gewagt hatte. Und so musste bzw. durfte ich mich entscheiden, ob ich es hauptberuflich mache oder wieder einstampfe. Ich habe mich dann tatsächlich entschlossen, ins kalte Wasser zu springen. Wobei das Wasser eigentlich schon lauwarm war, denn ich hatte mir schon einen Namen machen können, sodass die Chancen echt gut standen. Ja, und so kam das, dass ich seit 2015 hauptberuflich in der Hochzeitsbranche tätig bin. Und zeitgleich begann es,dass ich immer mehr Anfragen für freie Trauungen mit Gesang bekam.
Ich kannte das Konzept damals nicht gut, und so habe ich mir mal angeschaut, was die Kollegen da so machen und war erneut geflasht!!! Mit viel Zuspruch von einigen vertrauten Dienstleistern, die mich gut kannten,und erneut von meinem Mann habe ich dann einfach eine der Anfragen angenommen mit der Absprache:
„Ich habe das noch nie gemacht. Wenn Ihr das Risiko mit mir tragt, bin ich dabei!“
Und erneut hat es sich mit dieser Entscheidung ganz schnell so verselbstständigt, dass ich schnell viele Trauungen auch als Rednerin begleitet habe. Ich muss sagen, das Singen ist mein ursprünglicher Traum und ich LIEBE diese Tätigkeit. Von der Emotionalität und Bedeutung her toppt aber die Tätigkeit als Rednerin das sogar nochmal. Und bei den allermeisten Reden singe ich ja sogar selbst, was für die Gäste eine Überraschung und auch hier in der Region relativ wenig verbreitet ist.Ja, so kam das … ich erzähle diese Geschichte gern, weil ich auch stolz und dankbar bin, wie sich das alles entwickelt hat. Und ich liebe jede einzelne Trauung, ob gesprochen oder gesungen. Es ist wirklich so, wie ich es mir erträumt hatte.
Und es war die richtige Entscheidung! Aber erzähl doch mal, was versteht man unter einer freien Trauung?
Eine freie Trauung ist eine Trauung ergänzend zum Standesamt, die keine Rechtskraft hat. Wir Redner sprechen oft von einer Zeremonie „fürs Herz“. Man kann hier nämlich wirklich auf das Brautpaar eingehen und die Zeremonie individuell gestalten und mit vielen schönen Inhalten bereichern, die im Standesamt aufgrund von Zeit- und Personalmangel einfach nicht möglich sind. Das bietet sich für Paare an, die mehr als den standesamtlichen Akt wollen, aber keine Kirchenanhänger sind.
Muss das Brautpaar trotzdem zum Standesamt?
Wenn das Paar rechtlich bindend verheiratet sein möchten, schon. Es gibt wenige Ausnahmefälle, in der bewusst auf die rechtliche Eheschließung verzichtet wird, aber ist nicht die Regel. Für die meisten Paare, die sich freitrauen lassen, ist die freie Trauung die „echte“ Hochzeit. Viele lassen sich im Standesamt nur zusammenschreiben.
Wobei ich persönlich ja ein Fan davon bin,alles rund um die Hochzeit zu genießen und zu zelebrieren. Von daher empfehle ich meinen Paaren immer, sich das Standesamt auch schön zu machen. Ob das nun im Brautkleid oder in der Jogginghose ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle!
Welche Unterschiede gibt es zwischen Traurednern?
Freie Trauredner sind meiner Meinung nach wie Künstler zu betrachten. Sie sind alle sehr unterschiedlich, und das ist hervorragend, denn: die Menschen sind sehr unterschiedlich. Und bei einer freien Trauung geht es viel um Chemie, man muss sich miteinander wohl fühlen und sich vertrauen. So kann jedes Paar wirklich einen Redner finden, der zu ihm passt.
Der eine ist eher feierlich konservativ, der andere eher humoristisch unterwegs – und dazwischen ist viel,viel Raum für die unterschiedlichsten Ausprägungen.Ich selbst würde mich als authentisch, emotional und locker einstufen. Ich liebe es, der Zeremonie den feierlichen Rahmen zu geben, den sie per se hat, aber auch Emotionen aller Art bewusst anzusprechen – seien das nun Freudentränen,sei das herzhaftes Lachen, sei das auch mal einfach nur Wertschätzung und Liebe – Emotionen sind das A & O in einer freien Trauung.
Wo können denn freie Trauungen stattfinden?
Überall! Das ist einer der tollen Vorteile bei der freien Trauung: Das heißt konkret: von der Hochzeitslocation über die eigene Wohnung, von unter dem Meer bis über den Wolken, von der Antarktis bis zum Regenwald ist alles dabei.Hier ist man komplett frei in der Ausgestaltung. Wichtig ist doch nur, dass das Brautpaar seine perfekte Trauung bekommt und die Gäste sich wohlfühlen!
Das klingt alles wirklich toll! Gibt es denn noch weitere Vorteile einer freien Trauung?
Ja, es gibt noch weitere Vorteile bei der freien Trauung. Neben dem Aspekt, das man örtlich ungebunden ist, was ja oft ein Problem bei standesamtlichen Trauungen ist, ist man auch zeitlich ungebunden. Gerade in den großen Metropolen, wo viel geheiratet wird, wird dieser Aspekt immer wichtiger. Und natürlich die freie Auswahl des Redners. Bei einer so persönlichen und wichtigen Angelegenheit ist es gut und ratsam, sich die Person, der man diesen Moment und seine ganze Geschichte anvertraut, selbst aussuchen kann. Eine Person,der man vertraut, die man mag, mit der man sich wohl fühlt. Ich denke, das ist einer der wichtigsten Aspekte.
Was ist bei der freien Trauung zu beachten?
Das ist im Prinzip das, was ich gerade gesagt habe: die Wahl des Redners ist hier ausschlaggebend. Die Trauredner sind so unterschiedlich wie die Brautpaare, und daher sollte man jemanden an seiner Seite haben, der zu einem passt – der „den Ton trifft“, was in meinem Fall als Rednerin und Sängerin natürlich in doppeltem Maße zum Tragen kommt ☺
Wichtig finde ich auch, dass alle Gäste sich wohl fühlen, d. h., es sollte nicht zu langatmig sein sondern kurzweilig, spannend, fesselnd, emotional – und dabei meine ich alle Emotionen, die wir Menschen haben: Lachen, Weinen, Spannung,Faszination, Dankbarkeit…
Eine gute freie Trauung ist eine emotionale Achterbahnfahrt im positivsten Sinne!
Können auch religiöse Inhalte Teil der freien Trauung sein?
Ja, im Prinzip geht das. Ich persönlich habe dazu eine ganz bestimmte Meinung: Religion ist im wahrsten Sinne des Wortes heilig! Wenn auch nicht für alle Trauredner, dann doch zumindest für die Paare, die sich religiöse Inhalte wünschen. In meiner Trauredner-Schule, in der wir angehende und bestehende Redner coachen, erkläre ich immer, welche Möglichkeiten es hier gibt. Natürlich kann man als freier Redner religiöse Inhalte einbringen – schließlich ist es eine freie Trauung. Ob und in welchem Maße das angemessen ist, ist die andere Frage. Ich persönlich gehe soweit mit, wie es unter weltlichen Aspekten noch „durchgeht“, d. h., Zitate, Geschichten aus der Bibel, Trausprüche aus der Bibel sind ok. Aber ich persönlich würde mir nie erlauben, einen religiösen Brauch oder gar einen Segen o. Ä. zu sprechen oder durchzuführen. Es gibt Theologen, die freie Zeremonien durchführen, und ich glaube, in diesen Händen sind die entsprechenden Paare gut aufgehoben. Alternativ kann man auch jemand Dritten in die Trauung einbinden, der diese Wünsche erfüllen kann bzw. darf. Das ist auch eine gute Lösung für alle Beteiligten.
Was macht dich unter den vielen Rednern so besonders?
„So besonders“ ist eine spannende Formulierung. Ich danke dir für diese Einschätzung, ich selbst bin ein eher bescheidender Mensch, daher bezeichne ich mich nie als herausstechend, besonders oder ähnlich.
Was mich von einigen Kollegen unterscheidet, ist sicherlich der Gesang, denn diese Kombination bieten ganz wenige Redner an.
Ich rede und singe mit meiner ganzen Liebe, und das ist auch etwas, was meine Arbeit ausmacht.
Das spüren meine Paare und auch alle Gäste, so zumindest die Rückmeldungen, die ich immer wieder bekomme. Ich brenne und lebe für meinen Beruf, schließlich war es immer mein Traum.
Deswegen habe ich ja auch die Trauredner-Schule gegründet zusammen mit Claudia Seibt von der Agentur Traumhochzeit.
Wir lieben das Konzept der freien Trauung und wollen einen Teil dazu beitragen, diesen noch sehr jungen Beruf zu entwickeln und zu professionalisieren, damit bestehende und auch neue Redner diese wundervolle Aufgabe gut und wirtschaftlich sinnvoll ausüben können, um sich um die wirklich wichtigen Belange zu kümmern – nämlich die schönsten Hochzeiten zu gestalten, die sich die Paare wünschen können.
Wie viele Monate vorher sollte man dich buchen?
Ach, das ist ganz unterschiedlich. Das Verrückte an der Hochzeitsbranche ist, dass sie zum Teil bis zu 2 Jahre im Voraus arbeitet, wobei die Standesämter ja leider erst ab 6 Monaten vor der Trauung Termine vergeben. Es gibt manche Paare, die mich ein bis zwei Jahre im Voraus buchen. Es gibt dann immer wieder diese Daten, für die ich bis zu 20 Anfragen bekomme und die meisten davon leider absagen muss – oder glücklicherweise inzwischen an tolle Kolleg/innen weitervermitteln kann, die ich durch mein Netzwerk kennen und schätzen gelernt habe und von denen ich viele auf ihrem Weg begleiten konnte. Und dann gibt es auch immer wieder Tage, die einfach frei bleiben. Ich sage meinen Paaren immer, sie sollen buchen, sobald sie wissen, dass sie es wollen. Wenn ein Termin weg ist, ist er weg. Ich arbeite immer nach diesem einfachen Prinzip, das ist am loyalsten und am planbarsten.
Gibt es ein "Kennenlern-Treffen"?
Ja, das gibt es. Das finde ich fast den wichtigsten Termin. Ich habe ja vorhin darüber gesprochen, wie wichtig die „Chemie“ bei einer freien Trauung ist. Diese Chemie kann man am besten im persönlichen Gespräch erspüren. Bilder und Texte im Internet sind ein toller erster Eindruck, der auch wichtig ist, denn so erfolgt schon mal die erste Auswahl. Aber ob das alles so stimmt, das zeigt sich doch am besten, wenn man miteinander spricht. Wir kommunizieren zu 80% nonverbal, da spielen so viele Faktoren mit rein, die nicht zu unterschätzen sind. In einigen Fällen buchen Paare sofort aufgrund von Empfehlungen oder Videos,aber anbieten tue ich das Treffen immer. Ich muss dazu sagen, dass ein guter Redner auch enorm viel Empathie hat und sich in viele sehr unterschiedliche Menschen hineinversetzen kann. Das heißt, ich kann für ganz verschiedene Paare ganz unterschiedliche Trauungen schreiben, die trotzdem jeweils genau zu dem Paar passen. Man lernt über die Jahre viel hinzu in Sachen Menschenkenntnis, Empathie, Zwischen-den-Zeilen lesen etc..
Wie viele Aufträge machst du an einem Tag?
Diese Frage wird den Rednern immer wieder gestellt, und auch in den Redner Foren gibt es hierzu heiße Diskussionen. Ich persönlich finde, dass man sein persönliches Leistungspensum gut kennen, immer wieder hinterfragen und nie außer Acht lassen sollte. Das ist jetzt nicht die Zahl, die du erfragt hattest,richtig?Jeder Redner hat ein eigenes Leistungsniveau. Manche machen alle vier Wochen eine Trauung, manche 4 Trauungen am Tag oder noch mehr. Wichtig ist hierbei, und auch das „predige“ ich immer in unseren Seminaren, dass man jedem einzelnen Brautpaar das Privileg zuteil werden lässt, für das man extra ausgewählt wurde: nämlich die volle Aufmerksamkeit, die bestmögliche seelische und physische Verfassung. Ich nannte vorhin diese berühmten 80%, die wir nonverbal kommunizieren.
Dazu gehört natürlich auch Erschöpfung, Stress und Abgeschlagenheit – oder aber Enthusiasmus, pure Freude und Euphorie. Das sind die ausschlaggebenden Kriterien. Auch das entwickelt sich über die Jahre.Ich habe viel ausprobiert über die Jahre, weil ich einfach den Anspruch habe, Vollprofi in dem zu sein, was ich tue, und auch über alles reden zu können. Und ich kann nur über das reden, was ich selbst erfahren habe.
Für mich persönlich sind ein bis zwei Trauungen am Tag optimal, und zwei auch nur dann, wenn sie zeitlich weit auseinander liegen und ich mich dazwischen neu konzentrieren und fokussieren kann. Diese Zahl wird bei manchen Kollegen sicherlich auf Widerstand stoßen, aber ich kann dir nur sagen, was ich jetzt gerade als angenehm für meine Arbeit empfinde. Das kann nächstes Jahr schon wieder ganz anders aussehen.
Wie bereitest du dich vor?
Ich bereite mich ganz akribisch vor. Du wirst lachen, aber auch nach mehr als 150 gesprochenen und mehr als 400 besungenen Hochzeiten habe ich immer noch Lampenfieber und einen Heidenrespekt vor meiner Aufgabe. Das liegt zumeinen daran, dass ich selbst ein selbstkritischer und perfektionistischer Mensch bin. Und zum anderen an der Bedeutung, die diese Aufgabe für meine Brautpaare hat. Es ist der wichtigste Moment, der für immer in ihrer Erinnerung bleibt. Da fängt das Herz doch schon mal stärker an zu klopfen. :-)
Ich übe die Rede sehr gut, wärme meine Stimme auf, mache Konzentrationsübungen, versetze mich in eine gute körperliche Verfassung, vermeide Stress und Ablenkungen und konzentriere mich auf das, was vor mir liegt. Ich achte darauf, früh genug vor Ort zu sein, damit ich alles in Ruhe und überlegt machen kann. Und ich persönlich brauche das Gefühl, absolut kompetent zu agieren, d. h., alles Notwendige zu wissen, zu haben, alles unter Kontrolle zu haben.
Bringst du auch Technik mit?
Ja, das mache ich in der Regel schon, weil ich ja auch meistens singe. In wenigen Ausnahmefällen sind DJs vor Ort, die entsprechend hochwertige Anlagen und auch Erfahrung mit Sängern haben. Aber das ist die Ausnahme. Und da ich auch eine gewisse „Klanggarantie“ oder sagen wir„Klangverantwortung“ übernehme, will ich sicherstellen, dass das, was meine Zuhörer von mir bekommen auch das Bestmögliche ist, das ich ihnen bieten kann.Wenn ich nicht singe, mache ich es immer davon abhängig, wo und in welchem Rahmen die Trauung ist, wie die Gegebenheiten vor Ort sind und was angemessen ist.
Eine Trauung mit 10 Personen ohne Live-Gesang im eigenen Wintergarten ist sicherlich ein anderer Rahmen als eine mit Live-Gesang mit 120 Personen am See, entsprechend passe ich die Frage nach der Tontechnik an. Die Frage nach der Tontechnik ist auch so eine beliebte Diskussion, vor alle munter den Hochzeitssängerin.
Meine Kolleg/innen kritisieren oft – und zurecht, wie ich gestehen muss – dass viele Redner sich gar nicht um die Technikfrage kümmern und dann spontan die Sängertechnik nutzen wollen, weil sie voraussetzen, dass es schon irgendwie gehen wird. Ich habe da einen anderen Anspruch an meine Arbeit.
Für mich gehört diese Frage genauso zu einer professionellen und umfassenden Dienstleistung wie die Frage, ob ich meine Rednermappe selbst in der Hand halte!
Wie lange dauert eine Rede?
Auch das ist völlig frei in einer freien Trauung. Ich muss mich langsam anhören wie ein Politiker, weil ich ständig von frei und individuell spreche, aber es ist tatsächlich so. Ich sehe es immer zum einen aus meiner persönlichen Sicht und zum anderen aus der Sicht der Trauredner-Schule, die ja das allgemeine Bild bzw. viele unterschiedliche Perspektiven weitergibt und vertritt.
Meiner Meinung nach sollte eine Trauung nicht weniger als eine halbe und nicht mehr als eine Stunde dauern. Warum?
Weniger als eine halbe Stunde finde ich fast schade, denn in der Zeit kriegt man kaum alles erzählt bzw. schöne Musik und Rituale mit eingebunden. Bei mehr als einer Stunde lässt die Konzentration erheblich nach und die Sache wird langatmig. Eine gute Zeremonie zeichnet sich nicht durch die Länge des vorgetragenen Textes aus, sondern durch die Inhalte, die Stimmung, die Emotionen. Qualität vor Quantität ist hier das Credo.
Gern möchte ich nochmal auf deinen Gesang eingehen. Kannst du etwas mehr darüber erzählen?
Vivian, das Singen während einer selbst gesprochenen Zeremonien ist NOCHMAL schöner als nur zu singen oder nur zu sprechen. Weißt du, beim Singen spricht man eine völlig andere Emotionalität an als beim Reden. Das Wort berührt den Intellekt, aber die Musik geht direkt ins Herz, und in Kombination ist das ein unfassbar schöner Effekt. Das diese Kombination – noch– sehr selten ist, ist es auch für die Gäste meist eine Überraschung, und viele fassen gar nicht, was sie da gerade sehen. Ich höre immer wieder sowas wie
„Wir dachten, da spielt eine CD, bis wir uns beim Einzug zu dir umgedreht haben.“
Das ist für mich immer ein wunderschönes Kompliment. Beim Singen fließen die meisten oder sagen wir die schnellsten Tränen. Es ist einfach wunderschön, denn die Musik spricht doch ihre ganz eigene Sprache. Es gibt hierzu ein wunderschönes Zitat von Sidney Lanier, das ich von Anfang an auf meiner Webseite benutzt habe, und das dieses Gefühl ganz genau trifft:
„Musik ist die Liebe auf der Suche nach einem Wort“!
Arbeitest du auch mit anderen Musikern und Sängern zusammen?
Ja, klar. Das ist ja eine der Aufgaben als guter Berater, auch außerhalb der eigenen Scheuklappen Dinge zuzulassen. Zum einen arbeite ich natürlich mit vielen Instrumentalisten zusammen. Meine Band zum Beispiel, aber vor allem bzw. am häufigsten mit Pianisten.
Mit Livemusikern zusammen zu arbeiten macht immer wahnsinnig viel Spaß, es ist ja auch flexibler als Musik vom Band. Und auch eleganter und hochwertiger. Aber auch mit anderen Sängern, wenn z. B. ein männlicher Sänger gesucht wird oder aber ein Paar eine völlig andere Stimmfarbe als meine für ihre Trauung haben möchte. Es gibt viele tolle Musiker in Berlin und mit vielen davon verstehe ich mich sehr gut und empfehle diese auch herzlich gern weiter – und umgekehrt.
Ich betrachte diese Kollegen, sei es aus dem Kreis der Sänger oder aus dem der Redner, nicht als Konkurrenz sondern als Partner oder Netzwerk. Damit bin ich bislang wunderbar gefahren, und es macht auch viel mehr Spaß, sich mit Partnern auszutauschen und sich daran weiterzuentwickeln, als sich den ganzen Tag mit Konkurrenzängsten und Ärger zu befassen. Ich lade auch regelmäßig andere Sänger als Bühnen-Gäste zu meinen Konzerten ein. Zusammen zu musizieren ist immer schöner als allein. Und eine zweite schöne Stimme bzw. eine Liveband kann immer nur ein Mehrwert bedeuten. Musik ist so individuell und so geschmacksabhängig… wenn man da anfängt, sich über Konkurrenz den Kopf zu zerbrechen, reibt man sich nur auf. Ich gebe immer alles, was ich kann. Mehr kann ich nicht tun – weniger will ich nicht tun.
Wie setzt sich der Preis zusammen, den du den Brautpaaren anbietest?
Ich bin ja Betriebswirtin, wie ich vorhin erzählt habe. Mein Preis setzt sich zusammen aus den Stunden, die ich für die Vorbereitung und die Durchführung der ganzen Zeremonie benötige. Dazu gehören alle inhaltlichen und organisatorischen Leistungen und natürlich die musikalische Seite. Da kommt so einiges zusammen. Aber ich orientiere mich auch am Markt. Hier in Berlin haben wir ein völlig anderes Preisgefälle als z. B. in München.
Wann und wie wird bezahlt?
Nur bar in kleinen, unsortierten Scheinen. :)
Natürlich nicht! In der Regel arbeite ich mit Vorabüberweisung kurz vor der Trauung. Aber das ist auch völlig unterschiedlich bei den Rednern, hier gibt es kein falsch oder richtig. Doch, es gibt ein Richtig: legal, transparent und sauber! Das kann ich allen nur empfehlen.
Jetzt ein paar persönliche Fragen:
Und jetzt mal Butter bei den Fischen! Wie in jedem Job gibt es bestimmt etwas, was man nicht mag. Was magst du an deinen Job nicht?
Das ist eine fiese Frage... Lass mich mal überlegen. Es gibt so ein paar Zeitfresser, auf die ich gut und gerne verzichten könnte. Aber ich muss schon sagen, dass diese Arbeit für mich so ziemlich das Beste ist, was ich mir beruflich vorstellen kann: ich bin selbstbestimmt, kann das tun, was mich erfüllt und arbeite nur mit glücklichen Menschen zusammen. Ich bekomme Feedbacks, Komplimente, Geschenke etc. – eine unglaubliche Wertschätzung und Anerkennung über das Materielle hinaus, was ich in keinem Bürojob je bekommen habe. Von daher kann ich mich wirklich nicht beschweren.
Deine Lieblings-Location?
Meine Couch!
Was ist besonders typisch bei Brautpaaren, was dir immer wieder auffällt?
So pauschal kann ich das gar nicht beantworten. Was wirklich ALLE gemeinsam haben – ob sie es zeigen wollen oder nicht – ist Emotionalität. Diese äußert sich zwar unterschiedlich, aber egal, wie cool oder kitschig die Paare manchmal sind:am Ende des Tages wollen wir doch alle nur lieben – und geliebt werden. Das ist meiner Meinung nach die Quintessenz.
Deine schönste, verrückteste und schlechteste Erfahrung?
Bei mir springt gerade das Kopfkino an… ich habe schon so viel erlebt. Irgendwann schreibe ich ein Buch, daher kann ich doch hier nicht mein ganzes Pulver verschießen.
Na gut, ich kann dir mal mein Verrücktestes Erlebnis schildern: das war, als ein darmkranker Hund, der trotz geduldiger Beratung unbedingt die Ringe bringen sollte, aufgrund eines „Zwischenfalls“ die Trauung gesprengt hat, wobei Paar und Trauzeugen zum Zeitpunkt der Traufrage mit der Reinigung des Teppichs beschäftigt waren. Das war so ziemlich der erste und einzige Moment, in dem ich meinen Job mal kurz und gründlich hinterfragt habe. :P
Ich hoffe, die Ironie in diesem Satz ist deutlich.
Lachen tue ich oft bei den Trauungen, weil auch die Paare oft lachen. Es sind meistens die kleinen Eigenheiten oder Ereignisse, hübsche Absurditäten, die erzählt werden oder passieren. Wie zum Beispiel letzten Herbst, als ein Bär von einem Bräutigam, ein gestandener 2m-Mann, sich bei der Urkundenunterzeichnung so unglaublich an meinem glitzernden Swarovski Kugelschreiber ergötzte und mich mehrfach während der Zeremonie fragte, ob er den behalten darf, dass ich vor Lachen mal kurz aus der Rolle gefallen bin. Das war ein Bild für die Götter, an dem wir allesamt viel Spaß hatten. Ich finde,solche Eigenheiten machen die Zeremonien auch so besonders und so individuell.
Ich liebe alles, was authentisch ist, und meine Paare lieben genau das an mir ja auch.
Musstest du auch schon mal weinen bei deiner Rede?
Ja, ich muss gestehen, manchmal steigen mir auch Tränen in die Augen. Es ist einfach so: wenn man über Monate in die Geschichte zweier Menschen eingestiegen ist und an dem großen Tag mit ihnen fiebert und es dann sehr berührende Momente gibt, dann fühlt man mit. Das ist menschlich und auch richtig so, wie ich finde. Die Kunst ist, als Redner soweit die Fassung zu halten,dass die Zeremonie nicht leidet. Aber wenn dann doch mal eine Träne fließt, so what?! Wahrscheinlich macht es das für die Gäste sogar noch menschlicher und inniger in diesem Moment.
Meine persönliche Achilles-Ferse bei den Trauungen sind Kinder. Wenn die Eltern ihre Kinder „mitheiraten“ und ihnen Gelübde sprechen, dann bin ich immer so tief berührt, dass ich schon an mich halten muss. Und wenn kleine Kinder vor Rührung anfangen zu weinen, dann ist es aus! Das ist eine so tiefe Emotion, wie soll ich da cool bleiben?!
Das liegt wahrscheinlich dran, dass ich selbst Mama bin und diese unglaubliche Liebe so nachempfinden kann. Das ist wirklich unbeschreiblich schön.Ich konnte bislang immer die Fassung bewahren, und ich glaube, dass mir das auch in Zukunft gelingt. Aber mitfühlen tue ich schon, das macht doch auch Spaß!
Jennifer, ich danke dir für die vielen ehrlichen und sympatischen Antworten! Du bist wirklich eine ganz besondere Traurednerin und auch als Mensch eine Wucht - wenn ich das mal so sagen darf. :)
Euch hat Jennifer genauso überzeugt wie mich und ihr konntet einiges aus den Fragen und Antworten mit nehmen? Dann lasst es uns doch wissen oder kontaktiert direkt die liebe Jennifer hier!
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